Der Tagesspiegel, 21.05.06 Warum
sprengen die Deutschen ihre Gärten? (von Markus Huber)
>>>Wenn es beim
Briten
einmal längere Zeit nicht regnet, was zugegeben selten vorkommt, dann geht er hinter sein Häuschen und
waters, also
bewässert, seinen Garten.
Beim
Franzosen
wiederum wird der Rasen im Sommer
arrosé:
abgespritzt.
Der
Spanier
hat den Kampf um blühende Landschaften in seinem Hinterhof zwar schon nach der letzten Eiszeit aufgegeben, die Greenkeeper auf den Golfplätzen Andalusiens
riegan,
gießen, ihre Fairways aber dennoch wie die Bösen.
Und was macht der
Deutsche,
wenn es mal länger nicht regnet? Er bewässert nicht, er spritzt nicht ab, er gießt noch nicht mal - der Deutsche
sprengt seinen Rasen.
Lingual-Ethnologisch ist das interessant: Liegt den Deutschen das Sprengen etwa im Blut? Ist das Gärtnern also, frei nach Clausewitz, eine Fortsetzung des Krieges mit Harken und Gartenschlauch?
Oder hassen die Menschen hier zu Lande im Grunde ihres Sprachschatzes ihre
Vorgärten so sehr, dass sie sie
am liebsten in die Luft jagen würden? Unwahrscheinlich bei einem Volk, das den Gartenzwerg zum Leitkulturgut zählt.
Ausnahmsweise hilft in dieser Frage auch der Duden nicht weiter. Laut dem Herkunftswörterbuch stammt
sprengen nämlich von
springen ab. Doch das passt auch nicht: Das Wasser springt ja nicht auf den Rasen, sondern es sollte nach den Erkenntnissen der Kleinstbotanik bestenfalls rieseln. Außerdem, und das wissen die Kinder der Rasensprenger, darf niemand auf eine gerade gesprengte Wiese hüpfen - das gibt nur Dreckflecken auf der Hose, und dann schimpft Mama wieder, weil sie die Schlammspritzer so schwer aus den Jeanshosen bekommt.
Nein: Sprache, das sagen die Forscher, ist eine Charakterfrage.Und darum ist die Bezeichnung
sprengen ein Beweis dafür, mit welcher Akribie und Genauigkeit der Gartenzwerg als solcher nicht nur seine Hecken und Gemüsebeete in Form bringt, sondern auch den Garten konzipiert.
Sprengen klingt nach Aufwand, Exaktheit, nach generalstabsmäßiger Ausführung, die zudem allerlei technische Erfahrung und Grundausstattung erfordert - und die hat man hier ja gerne. Wer seinen Rasen sprengt, der hat einen Plan, über den er stundenlang bei ein paar Bierchen gebrütet hat.
Wer seinen Garten hingegen einfach nur gießen würde, der könnte das dann ja auch gleich seine Frau machen lassen.<<< Gruß Bernhard ;-)